48. Der Unterschied zwischen Goblins

von Charlotte Engmann

Der Unterschied zwischen Goblins

[Die Ring-Ebene)

von Charlotte Engmann

Dantana stützte den Ellbogen auf den Tisch, legte das Kinn auf die Hand und starrte vor sich hin.

Tief in Gedanken merkte sie nicht, wie Zounda sich neben sie stellte und sie aufmerksam anschaute.

Erst die harte Kopfnuß riß sie in die Gegenwart zurück.

Sie sah, wie ungehalten ihre Herrin war und erklärte,warum sie aufgehört hatte, den Folianten zu studieren:

" Der Meister der Steine erwähnt Goblins und Hobgoblins,und ich überlege, worin diese sich unterscheiden."

Die Magierin schlug den Folianten zu, ohne auf Dantanas Hand zu achten, die noch auf dem einen Blatt lag, und musterte den hölzernen Deckel.

Sie nickte kurz und wies die Jüngere an:

"Sag Tuscar, er soll morgen früh zwei Goblins zum Hohen Ausgang bringen."

Dantana zog die schmerzende Hand aus dem Folianten und stellte ihn sorgfältig ins Regal zurück.Im Gegensatz zu anderen Magiern hielt Zounda peinliche Ordnung in ihrem Studierzimmer.

Jedes Zauberbuch stand auf seinem Platz, die Pergamente lagen in den Truhen, und für die Glaswaren gab es einen eigenen Schrank.

Dantana konnte alles im Schlaf finden, denn gleich zu Anfang der Lehrzeit hatte ihr Zounda die Systematik der Gerätschaften eingeprügelt.

*

Tuscar saß in seiner großen Waffenkammer und schliff sein neues Schwert, das er einem Zwerg abgenommen hatte.

Die Klinge war nun so scharf, daß sie ein schwebendes Haar durchtrennen konnte.

Dantana richtete ihm Zoundas Befehl aus, und er grinste.

"Es geht um Goblins und Hobgoblins, nicht wahr?"

Er stand auf, steckte sein Schwert ein, holte aus einer Truhe zwei Eisenketten mit Halsreifen und hängte sie sich an den Gürtel.

"Kommst du mit auf Goblinjagd?"

Als Dantana nickte, reichte er ihr einen Bogen und einen Köcher, und gemeinsam stiegen sie in das Höhlenlabyrinth hinab, das sich vom Berg Khorken bis tief in die Erde erstreckte.

An den hier hausenden Kobolden und Gnomen, Killerkaninchen und Jagdspinnen hatte Dantana in ihrer Kindheit ihre Bogenkünste bis zur Meisterschaft entwickelt.

Still schritt sie neben Tuscar, während ihre Füße sicher den Weg fanden.

Die Blutelfen brauchten kein Licht,denn ihre Augen durchdringen das Dunkel auch ohne Hilfsmittel.

Nach etwa einer Stunde hörten sie Geräusche.

Sie hielten an und lauschten.

TAPP, TAPP, näherte sich etwas.

Dantana erkannte den Schritt, fluchte innerlich und hechtete in einen Seitengang, dicht gefolgt von Tuscar.

Sie drückten sich an die Wand und verharrten bewegunglos.

Kaum wagten sie zu atmen. bis der Dämonenherrscher an ihnen vorbei war.

Schulterzuckend wandte sich Tuscar an Dantana:

"Das war knapp."

Dantana nickte lediglich.

Ein schwacher Windzug trug einen unangenehmen Geruch mit sich.

Die Elfe hob den Kopf und zog prüfend die Luft ein.

"Gobiln."

"Eine Patrouille", überlegte Tuscar.

"Wir nehmen die beiden vorletzten."

Er schlich den Gang hinab, während Dantana einen Pfeil auf den Bogen legte.

Erst wurde der Geruch zu Gestank,dann zu entsetzlichen Gestank,und schließlich konnten sie dieGoblins hören.

.Sie schnauften und unterhielten sich in ihrer schnatternden Sprache.

Das Licht schlechter Fackeln warf ihre Schatten weit den Gang hinab, und Dantana zählte ein Dutzend der kleinen, affigen Monster.

Sie drückte sich von der Wand ab, stellte sich direkt vor sie

und schoß vier Goblins ab, bevor sie merkten, was los war.

Panische Schreie hallten durch den Höhlengang.

Die Hälfte drehte sich sofort um und versuchte zu fliehen.

Doch Tuscar sprang aus dem Dunkeln hervor und schlitzte zweien die fetten Bäuche auf.

Die anderen beiden ließ er an sich vorbei flüchten, um ihnen von hinten den Schwertgriff auf den Affenkopf zu schlagen.

Fast gleichzeitig fielen die Goblins betäubt zu Boden.

Währenddessen hatten die restlichen zu ihren Waffen gegriffen, und Dantana hatte sie mit vier sicheren und blitzschnellen Schüssen erlegt.

Sie watete über die Leichen zu Tuscar und half ihm,die Sklavenreife über die stinkenden Hälse der beiden Gefangenen zu legen.

Mit gezielten Tritten holte er die Goblins ins Bewußtsein zurück und zerrte sie grob auf die Beine, hinter sich her.

**

Zounda, Tuscar und Dantana lebten im Inneren des Berges Khorken, der sich steil dem Himmel entgegen- streckte.

In seinem Schatten lag eine der größten Städte des Kontinents,und in den Nischen und Höhlen der Felsen hausten Greife und andere fliegende Wesen.

Doch einige Öffnungen führten in den Berg beziehungsweise aus ihm heraus, und die am höchsten gelegene bezeichneten die Blutelfen als Hohen Ausgang.

An der Höhlenkante fiel der Berg steil ab, und elf konnte den Blick ungehindertweit über den Kontinent schweifen lassen, fast bis ans Meer.

Die Sonne hob sich gerade über den Rand der Ebene, als sich Zounda, Dantana und Tuscar mit den beiden verängstigten Goblins dort einfanden.

Ohne Umschweife wandte sich Zounda an Tuscar:

"Zeig ihr den Unterschied zwischen einem Goblin und einem Hobgoblin."

Er lachte auf, rief: "Hopp, Goblin", und gab einem Goblin einen festen Tritt, der ihn über die Felskante stieß

. "Hobgoblins sind tote Goblins."

"Ha? Der fällt doch noch", bemerkte der andere Goblin.

Die Blutelfen ignorierten ihn.

"Ich verstehe", sagte Dantana unbewegt.

Zounda lächelte amüsiert. "Gut", antwortete sie, "und schreibe nun den Folianten des Schwarzen Meisters ab und ersetze jedesmal Hobgoblin durch Goblin."

Dantana wandte sich ab, machte einen Schritt und zögerte.

Ehe sie in den Berg zurückging, trat sie mit einer fließenden Bewegung nach dem letzten Gefangenen und verwandelte ihn in einen Hopp-Goblin.

VORBEI


C. by Charlotte Engmann

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